Luthmer 200x150Eine wenig bekannte Burg im Taunus ist die verhältnismäßig gut erhaltene Ruine Freienfels im Weiltal, etwa eine Wegstunde oberhalb der Weilmündung in die Lahn. Die Burg ist um das Jahr 1200 vermutlich von dem Grafen Walram I. von Nassau erbaut worden. Dieser war als Vogt des Bistums Worms in Weilburg, das zur Zeit der Ottonen von diesen mitsamt einem großen Teil des Königsgutes im Lahngau an das Bistum Worms geschenkt worden war. Kaiser Otto II. hatte im Jahre 977 die Leitung der Königlichen Kanzlei dem aus der Wormser Klosterschule hervorgegangenen Hildebald übertragen, der schon lange in besonderer Gunst des Kaisers stand. Als dann 979 Bischof Anno von Worms gestorben war, folgte ihm aus Wunsch des Kaisers Hildebald auf den Wormser Bischofsstuhl.

Der Kaiser hat dann im Laufe der Jahre durch verschiedene Schenkungen an das Bistum Worms seinem Kanzler für seine Arbeiten gedankt. So verlieh u. a. der Kaiser am 24. April 993 auch die Abtei Weilburg nebst Zubehör dem Wormser Bistum zu Lehen. Trotz dieser Schenkungen und Begünstigungen konnte sich die Wormser Kirche nicht mit den anderen Stiften vergleichen, ihr Gebiet war verhältnismäßig klein und zerstreut gelegen. Meist gab sie daher ihren Besitz den diesem benachbarten weltlichen Herren zu Lehen, die dann teilweise gar als Vögte fern von Worms oft recht eigenmächtig schalteten und walteten.

So war also ein großer Teil des einstigen Königsgutes aus dem Geschlecht der Konradiner des Lahngaues, aus dem auch der als deutscher König bekannte Konrad I. (912-918) stammte, durch Schenkung der Ottonen an das Bistum Worms gelangt. Da das Stift Worms nun durch die Schenkung Ottos II. auch in Besitz des königlichen Bannrechtes gekommen war, mußte es zur Wahrung seiner Gerichtsgewalt für den östlichen Lahngau in Weilburg Vögte einsetzen. Ende des 12. Jahrhunderts ist Graf Walram von Nassau als Wormser Vogt in Weilburg. Als dieser sich nun auf dem Gelände der Weilburg ein festes, vielleicht nur steinernes Haus bauen wollte, scheint man in Worms dagegen Bedenken gehabt zu haben, weil man dort befürchtete, daß der Bewohner eines festen, burgartigen Hauses, dann gar zu leicht sich unbehindert zum unantastbaren Herren machen könnte. Der darüber entstehende Streitfall wird unter Mitwirkung Kaiser Heinrichs VI. unter der Bedingung beigelegt, daß Graf Walram sich in Weilburg sein burgartiges Haus (domum castrensem) wohl aber ein anderes Haus (aliam domum) bauen dürfe, womit wohl ein Holzfachwerkhaus oder jedenfalls aber ein unbefestigtes Haus gemeint sein wird. Das sonst übliche Wort castellum für Burg wird nicht gebraucht.

Graf Walram baut sich dann, allerdings außerhalb von Weilburg ein solches castellum, indem er auf einem freien Felsen im Weiltal, nur eine Wegstunde von Weilburg entfernt, sich die Burg Freienfels baut. Freienfels ist unter den Weilburg benachbarten Burgen diejenige, die der Stadt am nächsten liegt. Auch der Name scheint darauf hinzudeuten, daß Garf Walram diesen nicht unter Wormser Botmäßigkeit stehenden Platz zum Burgbau auswählte. Diese Vermutung über die Entstehung der Burgruine Freienfels wird auch durch die Bauanlage stilgeschichtlich bestätigt. Die Bauzeit muß also in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts fallen. 1255 ist Burg Freienfels bei der nassauischen Teilung bereits vorhanden, und wird bei der Erbteilung als Naussauischer Besitz der Walramischen Linie zugesprochen.

Luthmer Plan 150x200Weitere Verpfändungen in der erblich bei dem nassauischen Hause verbleibenden Vogtei führten dann dazu, daß 1294 König Adolf von Nassau die erbliche Herrschaft über Stadt und Amt Weilburg zur Stärkung seiner Hausmacht gegen die 550 Mark Silber betragende Pfandsumme und für einen Kaufpreis von 200 Pfund Heller von Worms erwarb. Die weitere Entwicklung der von König Adolf begründeten Grafenlinie Nassau-Weilburg, die übrigens diesen Namen offiziell erst seit dem 18. Jahrhundert führte und vorher Nassau-Merenberg und Nassau-Saarbrücken hieß, sowie die Geschichte ihrer vielfachen Gebietserweiterungen und Erbteilungsverträge, die sie mit Nassau-Idstein und Nassau-Wiesbaden zusammenbringt, hat also ihren Ursprung in dem ersten Burgbau von Freienfels um das Jahr 1200-1250.

Über das Schicksal der Burg Freienfels ist nicht viel zu berichten. Im Jahre 1327 mußte ihr Nassauer Besitzer sie Siegfried von Runkel, dem Propst des Klosters Gemünden bei Westerburg, verpfänden. 1331 räumte Graf Gerlach von Nassau den benachbarten Herren von Elkerhausen ein bedingtes Öffnungsrecht ein. Bei der späteren Teilung zwischen den beiden Söhnen des Grafen Gerlach 1344 fällt Freienfels an Graf Johann, den Stifter der alten in Weilburg residierenden Linie Nassau. Graf Philipp von Nassau-Weilburg verpfändet im Jahre 1466 Burg Freienfels nebst Dorf und Leuten und Gütern dem Ritter Johann von Schönborn und dessen Söhnen, die aus dem etwa in der Mitte zwischen Diez und Katzenelnbogen gelegenen Ort Schönborn stammen, wo aber wohl keine Burg ihnen eigen gewesen ist. Von diesen Herren von Schönborn stammen die in der Kunstgeschichte des 17. Und 18. Jahrhunderts so berühmten Bischöfe, Fürstbischöfe und Erzbischöfe, und auch die heuten noch in Franken lebenden Grafen von Schönborn auf Wiesentheid. Die Schönborn besaßen und bewohnten die Burg Freienfels über zweihundert Jahre als nassauisches Pfandlehen bis 1687, also auch noch zu der Zeit, als Johann Philipp von Schönborn (1647-1673) Erzbischof von Mainz war und zum Schutze gegen die Übergriffe Frankreichs Mainz mit dem modernsten Festungsgürtel umgab.

Infolge der Verlagerung des Schönbornschen Einflusses nach dem Main und Franken, veräußerte Franz von Schönborn im Jahre 1687 mit lehnsherrlicher Einwilligung die Burg Freienfels an de dänischen Obristen Frießensee, von dem die Burg dann wieder an die Lehnsherrschaft Nassau-Weilburg zurückfiel. Die Burg kam dann 1866 mit den anderen nassauischen Besitzungen in den Besitz Preußens.

Die Burg, zunächst nur als kleine Anlage befestigt, aus der noch der quadratische Bergfried stammt und die zu beiden Seiten anschließenden sehr starken Schildmauern, die wenn auch später als der Turm doch der früheren Bauzeit angehören, wurde im 15. Jahrhundert durch den Bau des Pallas zu einer Wohnburg erweitert. Ob diese Erweiterung mit dem Einzug der Schönbornschen Herren zusammenhängt und ob dieser Bauteil erst von diesen ausgeführt ist, läßt sich urkundlich nicht feststellen, doch scheint es den Bauformen nach sehr wahrscheinlich. Die Burg ist nie in Fehde oder Krieg zerstört worden, vermutlich dank der günstigen Lage. Erst im 18. Jahrhundert wird sie durch die nassauische Verwaltung in Weilburg als unbrauchbar dem allmählichen Verfall preisgegeben und später teilweise abgebrochen, bzw. auch wohl als Steinbruch für die Häuser des sich an den Burgberg anschmiegenden Dorfes benutzt worden sein.

Wenn auch wenig beachtet, so bietet die Geschichte der Burg doch besonders durch ihre Beziehungen zum Hause Nassau und zu dem kunstliebenden Geschlechte der Schönborn manches Interessante. Was den Wert der Burgruine aber heute ausmacht, das ist ihre verhältnismäßig gute Erhaltung, die noch ein gutes Bild von der einstigen Größe gibt, und die so außerordentlich malerische Lage auf dem Gratfelsen im Weinbachtal.

Quelle: Rud. Arth. Zichner, Weilburger Tageblatt, 01.10.1937